Canceller X – Bad Alchemy BA94 – Spring 2017

Reviewed by Bad Alchemy – BA 94 – in  May.2017
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KAZUYA ISHIGAMI Canceller X (Kyou Records, KYOU-001): Gleich noch einmal der Sounddesigner aus Osaka. An sich informativ, aber für unsereinen doch rätselhaft, denn die Linernotes sind ausschließlich japanisch. Aber das Auge empfängt dennoch ein Motiv: Wasser. Als Wolken, als dunkles Grau über Stromleitungen, als heller Dunst über kahlen Wipfeln, als Wassertropfen auf einer Fensterscheibe, als fallender Tropfen, als Wellengerippel bei sinkendem Licht. Dazu die Stichwörter ‘Playback’, sogar ‘Playback of anxiety’, ‘cancel’ und ‘memory’, immer wieder ‘memory’. Erinnerung, als schlechte, geloopte, lange, abgerissene, gewöhnliche etc. Nur, meint das auch menschliche Erinnerung? Teils, teils. Computer spüren schlimme Erinnerungen nicht, menschliche kann man kaum löschen. Und ‘Bugs’? ‘Bugs’ gibt es wohl hier wie da. Ishigami nimmt als gemeinsamen Nenner das Elementare. Mit einer liquiden Musique concrète, deren welliges Hohlraumwummern und Rauschen er in der Folge zu einer Audiosphäre erweitert mit einem perkussiv-metalloiden Saum, der sich einladend öffnet mit einem schimmernden Sirren und Röhrenglockenschlägen, um dort Ruhe zu finden wie in einem Zengarten. Dunkler Puls und helles Flimmern versenken den eigenen Pulsschlag ins Tagträumerische. Suikinkutsu-, Gong- und Sho-Anmutungen, frequenzgewellt wie eine Hamonlinie auf japanischen Schwertern, verhalten sich zu ihrer synthetischen Quelle wie menschliche Erinnerung zu RAM- & ROM-Gepeichertem. ‘Wasser’ in Form von transparenter, tiefer, verschwimmender ‘Erinnerung’ scheint da ähnlich symbolisch inpliziert wie im ‘Unterbewussten’ der Psychoanalyse. Ein schiefriges Rutschen und steiniges Klicken macht den Strand, den Saum von Festem und Flüssigem, zu einer lebendigen Hamonlinie, abgeschatteter Klang suggeriert Tiefe. ‘Bug memory’ überrascht als welliger Orgelloop, aus dem sich Silberfäden entspinnen, doch gleich versenkt einen Ishigamis Analogiezauber wieder in bedongter Tiefe oder lässt einen in einer Endlosrille hängen bleiben. Um zuletzt noch einmal mit allermelancholischstem Piano Wong Kar-wais Epigramm aus “2046” zu seufzen: Alle Erinnerungen sind getrocknete Tränen. [BA 94 rbd]